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Quantenphysik: Wellencharakter verschwindet bei Hitze  
  Die "wunderbare Welt der Quanteneffekte" spielt sich auf mikroskopischer Ebene ab - bis zu welcher Größenordnung, das bleibt die Frage. Um ihr nachzugehen, hat nun die Physikergruppe um Anton Zeilinger ihre Studien zum Wellencharakter großer Moleküle fortgesetzt. Ihr Schluss: Wenn besonders große Kohlenstoffmoleküle hohen Temperaturen ausgesetzt werden, verlieren sie ihre Welleneigenschaften - und lassen sich wieder mit der klassischen Physik beschreiben.  
Unverstandener Übergang von Quanten- zu Makrowelt
Eine entscheidende Rolle dabei spielt die Theorie der Dekohärenz - also jene Prozesse, die das Auftreten von Quanteneffekten begrenzen und sie in Phänomene der klassischen Physik überführen.

Mit ihren in "Nature" vorgestellten Ergebnissen kommen Klaus Hornberger, Lucia Hackermüller, Anton Zeilinger, Björn Brezger und Markus Arndt vom Wiener Institut für Experimentalphysik dem Verständnis einen Schritt näher, wie die Quantenphysik mit der Welt unserer alltäglichen Erfahrung verknüpft ist. Der Übergang dieser "zweier Welten" ist bisher freilich "unverstanden", so Hornberger zu science.ORF.at
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Der Artikel "Decoherence of matter waves by thermal emission of radiation" ist in "Nature" (Bd. 427, S. 711, Ausgabe vom 19. Februar 2004) erschienen.
->   Original-Abstract in "Nature"
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Von Lichtteilchen bekannter Wellencharakter
Erst seit wenigen Jahren vermögen Physiker den bis dato hauptsächlich von Lichtteilchen (Photonen) bekannten Wellencharakter auch bei größeren Molekülen nachzuweisen.

Die Wiener Forschergruppe ist mit ihren Versuchen an aus Kohlenstoffatomen bestehenden Fullerenen an vorderster Front dabei. Im konkreten Fall bestand das Fulleren - bekannt auch unter dem Namen Fußballmolekül oder "Buckyball" - aus 70 Kohlenstoffatomen (C70).
->   Mehr über Fullerene (Wikipedia)
Teilchen-Welle-Dualität
Paradebeispiel für die so genannte Teilchen-Welle-Dualität - ein quantenphysikalisches Phänomen - ist Licht. Die masselosen Lichtteilchen (Photonen) funktionieren einmal als Teilchen, die durch die Gegend fliegen. Andererseits zeigen sie aber auch Wellencharakter. Wie auch Wellen auf einer Wasseroberfläche können die Lichtwellen entweder einander verstärken oder auch auslöschen.

Am einfachsten nachvollziehbar ist die Wellen-Natur, wenn man einen Lichtstrahl durch einen Spalt schickt. Ist die Öffnung klein genug, entstehen auf einem Schirm dahinter so genannte Beugungsmuster, also helle und dunkle Bereiche.
Erster Rekord mit C60-Molekülen
Erst seit wenigen Jahren gelingt es Wissenschaftlern auch mit größeren und massiven Teilchen den Wellencharakter experimentell zu zeigen. So erzeugten die Wiener Experimentalphysiker 1999 erstmals Beugungsmuster auch mit relativ großen Fullerenen. 60 Kohlenstoffatome hatten die Moleküle, mit denen der Größenrekord 1999 gelang.

Dabei wurde ein sehr fein gebündelter Strahl von heißen Fullerenen auf ein Siliziumgitter gerichtet und das entstehende Beugungsbild dahinter mit einem Laserstrahl abgetastet und aufgezeichnet. Im Herbst vergangenen Jahres stellten die Forscher des Instituts einen neuen Rekord auf, indem sie den Wellencharakter auch für ein Biomolekül (Porphyrin) nachwiesen.
->   Mehr dazu (10.9.03)
C70-Moleküle stabil und wärmespeichernd
Für die jüngsten Versuche setzte die Wiener Forschergruppe erneut Fullerene ein, nämlich solche mit 70 Kohlenstoffatomen. Sie gelten als besonders stabil und können deshalb auch viel Wärme aufnehmen.
Ab 2.800 Grad verhalten sich Fullerene
Die Forscher erhitzten die Moleküle und schickten sie bei der Abkühlung dann durch eine Reihe von Gittern. Unter 700 Grad Celsius zeigte sich hinter dem Gitter das erwartete Beugungsmuster mit hellen und dunklen Arealen, also ein wellentypischer Charakter: ihr genauer Ort war nicht mehr zu bestimmen. .
... wie Partikel aus der Makrowelt
Bei höheren Temperaturen ging das Phänomen der Quantenwelt aber nach und nach verloren - ab 2.800 Grad Celsius verhielten sich die Buckyballs nur noch wie gewöhnliche Partikel, wie sie auch aus der Makrowelt bekannt sind: Ohne ihren Wellencharakter konnten sie genau lokalisiert werden.

Mit anderen Worten: Je heißer die Moleküle sind, desto mehr Wärmephotonen geben sie ab - und desto eher liefern sie vollständige Ortsinformationen, so Studienmitautor Klaus Hornberger zu science.ORF.at.
Erklärung: Wärmestrahlung liefern Umwelt Information
Die Erklärung für diese Beobachtung liefert die Quantentheorie nach Auskunft der Forscher selbst - und zwar wenn man die vom Körper ausgesandte Wärmestrahlung berücksichtigt. Die emittierten Lichtteilchen übertragen Information über den Aufenthaltsort der Moleküle an die Umgebung, wodurch das Molekül auf einen bestimmten Ort festgelegt wird.
Grundlegend: Die Theorie der Dekohärenz
Die formale Beschreibung des Experiments basiert auf der Theorie der so genannten Dekohärenz, welche die Zerstörung der quantenmechanischen Kopplungen durch die unvermeidbare Wechselwirkung mit der Umgebung erklärt und daraus die Entstehung klassischer Eigenschaften folgert.

Die Vorhersagen dieser Theorie für thermische Dekohärenzprozesse wurde nach Angaben der Wiener Forscher nun durch die Wärmestrahlung der untersuchten Fullerene erstmals experimentell und quantitativ bestätigt.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at/APA
->   Grundidee der Dekohärenz (Uni Wien)
->   Institut für Experimentalphysik, Uni Wien
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Verschränkung liegt in der Luft (20.6.03)
->   Quantenpurifikation: Verschränkte Teilchen in der Reinigung (21.5.03)
->   Schrödingers Katze im "Spiegel" der Quantentheorie (9.10.02)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
  decoherence | 20.02, 22:57
Mal eine Frage:
Sind unter denen, die bzgl. Zeilinger von alten Hüten und banalen Experimenten sprechen eigentlich Physiker, speziell Quantenphysiker, oder nur neunmalkluge Laien mit Neidkomplex?
 
 
  feinbein | 21.02, 13:41
zu meiner Person,
bin Wissenschaftler - nicht nur aber auch Physiker, kann aber wenn man nett zu mir ist neben vielen anderen auch die zeitinvariante Schroedingergleichung herleiten. Kenne den Wissenschaftsbetrib seit über 20 Jahren auch noch aus Zeiten wo Herr Zeilinger mehr oder weniger belaechelt im Atominstitut Wien "herumgegurkt ist" - also lieber Decoherence" mann muss sich nicht vor jedem Professor auf den Bauchnabel legen - oder stehst Du in seinem Sold, dass Du statements obiger Art von Dir geben musst.
  decoherence | 23.02, 23:35
@feinbein
Sorry, feinbein, meine Frage war bewusst provokativ gestellt. Ich bin selbst Physiker, arbeite aber nicht auf dem Gebiet der Quantenphysik. Ich liege auch nicht aus Ehrfurcht vor Zeilinger auf dem Boden und stehe nicht in seinem Sold. Ich find's einfach nur toll, dass in Österreich (Wien und Innsbruck) die Quantenphysik wirklich in der Weltspitze mitmischt. Gerade dieses neueste Experiment, die Quantifizierung des Übergangs von der quantenmechanischen zur "klassischen" Welt, ist absolut sensationell. Es ärgert mich einfach, wenn dann so un-, bzw. halbqualifizierte Kommentare kommen (damit meine ich jetzt nicht dich). Übrigens: Die Theorie der "akustischen" Welle von pragmavatar lässt sich vielleicht mit den in der Versuchsanordung gewählten Parametern (Spaltbreite, Gitterabstand, etc.) widerlegen, die eben gerade passend für die de-Broglie-Wellenlänge von C70-Molekülen (2,6 pm!)sind. Vielleicht muss Zeilinger ja erst den Nobelpreis gewinnen, damit die Naderer verstummen.
  naderlump | 20.02, 13:13
hosenbeisser:
allgemeinplaetze zu PR zwecken kann man an vielerlei orten publizieren, aber sicher *nicht* im "nature".

 
 
  feinbein | 20.02, 14:01
hi naderlump
Du hast eine zu "sonnige" einstellung zu zeitschriften wie nature, science,.... Auch da brauchst du eine lobby um publiziert zu werden; reine "genialität" ist nicht ausreichend; die wollen ja auch verdienen .... um wirklich am "pol" der wissenschaft zu sein wurden deshalb auf den verschiedensten wissensch. gebieten IN Foren, communities - meist mit beschränkten zugang gebildet !!!
  feinbein | 20.02, 14:02
ps für grammatikfreund: ich weis rettet den dativ
ist mir auch g'rad aufgefallen -
  ebenezer | 19.02, 18:14
neuartiger Hitzeschild ?
Ohne den Nobelpreis zu verlangen (-: könnte man damit einen neuartigen Hitzeschild für das Space-Shuttle usw. entwickeln ? Dieser müsste beim Ansteigen der Temperatur immer stabiler werden ... (oder ist da ein Denkfehler ?) lG RF
 
 
  hosenbeisser | 19.02, 22:11
Vergiss es. Den Zeilinger und Umfeld seine Ergüsse sind fast ausnahmslos alte Hüte
die seit langen bekannt sind. Nur halt vielleicht nicht in so populärwissenschaftlicher Aufmachung. Was immer das bringt, als PR Agent ist er wirklich super und hat da fast alle Marketingtricks drauf. Als Physiker, tja. Es gibt eben nicht nur Formel-1 Rennwägen sondern auch VW-Käfer. *fg*
  tabakmosaikvirus | 19.02, 23:13
bravo hosenbeisser,..
..*dirvoelligrechtgeb* Zeilinger ist meines Wissens in Österreich auch der einige Prof. der eine "Public Releation" - Mitarbeiterin unterhält - deren Aufgabe es ist (auf Steuerzahlers Kosten) den Herrn Prof. Z. und seine famose Truppe zu bejubeln !!!
  ebenezer | 20.02, 13:32
irgendwer wirds schon ausprobieren
wie gut sich Kohlenstoff in einer Struktur, die sich von Fulleren ableitet, zur Wärmedämmung eignet, wie stabil diese Struktur ist bzw. wie sie sich überhaupt herstellen lässt ...
  unreflektiert | 19.02, 13:42
bestimmt kennen sie diesen pumuckl
er ist für die menschen normalerweise unsichtbar, d.h. die trennung der (um)-welten "pumuckl" und "mensch" ist klar definiert und funktioniert. nur unter ganz bestimmten umständen kommt es zu einer verbindung, einer gegenseitigen "kontaktaufnahme", in ellis kaut's ebenso amüsanter wie genialer geschichte ist der kleine kobold dem menschen ganz im wahrsten sinn des wortes auf den leim gegangen.
 
 
  xx1xx | 19.02, 11:15
Neu ist für mich aber nur
der Begriff "Dekohärenz" (normalerweise Inkohärenz) und das Versuchsergebnis. Toll, dass man das mit großen Molekülen nachgewiesen hat, aber dieses Phänomen der WEllenausbreitung selbst ist alt bekannt.
 
 
  derfestmacher | 19.02, 13:48
Hallo xx1xx,

freut mich, dass dich mal auch was anderes als die Satellitenmaut beschäftigt ... :-)

Ich würd sagen, Dekohärenz ist die Erreichung eines inkohärenten Zustands nach vorheriger Kohärenz. ZB ein Laserstrahl der durch ein langes aufgewickeltes Glasfaserbündel, das Vibrationen ausgesetzt ist geleitet wird. Vorher : kohärent, nacher : inkohärent, der Vorgang : Dekohärenz.

P.S. Wär mal interessant die Welleneigenschaften an einem großen biogenem Mölekül, zB DNA nachzuweisen ...
  pragmavatar | 19.02, 15:09
Altbekannt ist hier eigentlich alles
Meiner Meinung lassen sich diese Experimente sehr einfach ohne Quantenmechanik erklären: in dem Korpuskularstrahl ist (unerwünscht aber
unvermeidlich) eine (akustische) Welle
vorhanden, dass die dann bei hohen
Temperaturen zusammenbricht weiss man seit ca. 200 Jahren. Die Gruppe von Zeilinger interpretiert sehr gern
Quantenmechanik in banale optische
oder eben akustische Experimente.
  decoherence | 19.02, 15:44
@pragmavatar
Aus welchem Grund nimmst du an, dass eine "akustische" Welle im Korpuskularstrahl enthalten ist? Was verstehst du in diesem Zusammenhang unter "akustischer" Welle? Und welche anderen "banalen" optischen und akustischen Experimenten, die deiner Ansicht nach von der Zeilinger-Gruppe überinterpretiert werden, meinst du?!
  pragmavatar | 19.02, 16:13
@decoherence
Akustische Welle meinte ich im allgemeinsten Sinn: die Teilchendichte schwankt periodisch und die Wellenausbreitung erfolgt durch
elastische Stösse. Die Frequenz hängt u.a. vom Erzeugungsmechanismus des Korpuskularstrahls ab, kann durchaus
im Hyperschallbereich sein. Jedenfalls
ein lupenreiner makroskopischer Effekt.

Mit den anderen Experimenten meinte ich
die Lasergeschichten (Quantenkommunikation, Quantenkryptgraphie) die sich meiner Meinung nach mit banaler Wellenoptik des Lichtes erklären lassen.
 
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