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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Gehirn-Scan als Lügendetektor  
  Abgebrühten Lügnern wollen Wissenschaftler nun über ihr Gehirn auf die Schliche kommen. Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) kann die Lüge im Bild festgehalten werden, denn die Gehirne von Schwindlern sind besser durchblutet. Damit könnte eine Alternative zu herkömmlichen - fehleranfälligen - Lügendetektoren gefunden sein.  
Das moderne Verfahren machte jüngst aber nicht nur Lügnern kurze Beine, es lieferte auch neue Erkenntnisse zum Lernen: fMRT-Aufnahmen zeigten, dass nur entspannte Gehirne gut lernen.
Hoffnung auf täuschungssicheren Test
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts, als der Psychologe William Marston den ersten Lügentest entwickelte, forschen Wissenschaftler an einem wirklich verlässlichen Verfahren.

Aber bis heute gibt es starke Bedenken, dass etablierte Tests wie der Lügendetektor stark fehleranfällig ist. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass geübte Lügner die Geräte, die vor allem körperliche Merkmale wie Blutdruck, Atmung und Transpiration messen, relativ leicht absichtlich täuschen können.

Der Radiologe Scott Faro von der Temple University in Philadelphia hat deshalb zu einer relativ modernen Technologie gegriffen: der funktionellen Magnetresonanztomografie.
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Steigende Durchblutung abgebildet
Die funktionelle Magnetresonanztomografie nimmt magnetische Signale von an Eisen gekoppelten Sauerstoffatomen auf und übersetzt sie in Bilder.

Wenn die Gehirnaktivität zunimmt, steigt auch die Durchblutung, wodurch mehr Sauerstoff durch die Gefäße fließt. Das Signal wird stärker und die Aktivitätszonen weiten sich aus.
->   Mehr über fMRT bei Wikipedia.de
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Mehr Gehirnaktivität bei Lügnern
Scott Faro und seine Kollegen gaben sechs von elf Freiwilligen ein Spielzeuggewehr und baten sie, Platzpatronen abzuschießen, dies jedoch bei einer Befragung zu leugnen. Die anderen Teilnehmer, die nicht geschossen hatten, sollten hingegen bei der Wahrheit bleiben.

Während des "Verhörs" zeichneten die Forscher die Gehirnaktivität mit fMRT auf. Gleichzeitig überwachten sie Atmung, Blutdruck und Leitfähigkeit der Haut, die sich beim Schwitzen ändert.

Wie Scott Faro gegenüber der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" bestätigte, aktivierten die Lügner mehr und andere Hirnareale als die ehrlichen Testpersonen.
Hoffnung auf neuen Lügentest
Der Radiologe Faro hofft, mit dieser Technik eine verlässlichere Methode für Lügentests gefunden zu haben als es herkömmliche Lügendetektoren bieten.

Ganz ausschließen können die Wissenschaftler aber nicht, dass auch die Gehirnaktivität bewusst gesteuert werden könnte.
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Scott H. Faro stellte seine Erkennisse beim Kongress der "Radiological Society of North America" am 29. November 2004 in Chicago vor. Eine Zusammenfassung seines Referats mit dem Titel "fMRI Technology Shows Promise in Detecting Human Truth and Deception" ist online verfügbar.
->   Abstract des Referats von Scott H. Faro als Word-Download
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Nicht Krankheitsdiagnose nur mit fMRT
Bild: University of California
Funktionelle Magnetresonanztomografie wurde zwar ursprünglich entwickelt, um Krankheiten, die von Durchblutungsstörungen begleitet werden, genauer diagnostizieren zu können. Dazu gehören etwa Parkinson, Multiple Sklerose oder Schlaganfälle.

Aber auch Hirnforscher und Psychologen greifen immer wieder zu fMRT, wenn sie sich von den Durchblutungsbildern neue Erkenntnisse zu kognitiven Prozessen erwarten.

So geschehen an der britischen Cambridge-Universität, wo der Psychologe Paul Fletcher das Lernverhalten mit fMRT-Bildern erforschen wollte.

Bild rechts: Durch Bild- und Farbgebung werden krankhafte Veränderungen sichtbar. Der hellblaue Fleck in gelber Umgebung stellt einen Tumor dar.
Spontanreaktion versus auswendig lernen
Die Testpersonen bekamen die Aufgabe, einen von vier Knöpfen zu drücken, je nachdem, welches Feld auf einem Bildschirm aufleuchtete.

Einer Gruppe wurde gesagt, dass sie möglichst entspannt den Test auf sich zukommen lassen sollen. Die andere Gruppe wurde gebeten, das Muster, nach dem die Felder aufleuchteten, auswendig zu lernen.
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Der Artikel "On the Benefits of not Trying: Brain Activity and Connectivity Reflecting the Interactions of Explicit and Implicit Sequence Learning" von P.C. Fletcher und Kollegen ist online am 10. November 2004 im Fachjournal "Cerebal Cortex" erschienen (doi:10.1093/cercor/bhh201).
->   Abstract des Artikels online
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Spontane waren schneller
Erstaunlicherweise zeigte sich, dass die spontanen Testpersonen 40 Millisekunden schneller waren als jene, die sich an das Muster zu erinnern versuchten.

Mit fMRT-Bildern stellten die Wissenschaftler fest, dass bei der zweiten Gruppe der frontale Stirnlappen stärker durchblutet war. Diese Region wird stärker beansprucht, wenn bewusste Entscheidungen anstehen. Laut Paul Flechter könnte genau dieses bewusste Überlegen das "automatische Lernen" behindert haben.

Er sieht darin die Bestätigung, dass zu viel Denken bei automatisierten Handlungen mehr schadet als hilft.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 30.11.04
->   Weitere Forschungsarbeiten zu fMRI bei der "Brain Mapping Unit" der Uni Cambridge
->   Mehr zum Thema Gehirn im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
  archilochos | 01.12, 22:46
Gehirne von Schwindlern sind besser durchblutet
Als Schulbub war nicht nur mein Hirn sondern das ganze Gesicht von einem Ohr zum anderen knallrot von der Fragestellung: ist der Inquisitor intelligent genug die reine Wahrheit als solche zu erkennen, oder wird ihm eine seiner Intelligenz bzw. Weltanschauung angepasste bedarfsoptimierte Beschönigung glaubwürdiger sein?
Zunehmend war es dann aber die pure Zornesröte eines astreinen Cholerikers.
Besonders wenn das Urteil per (imaginärem) Münzwurf gefällt wurde.
 
 
  allgeier | 01.12, 12:11
Versuch, sich bewußt an Muster zu erinnern, langsamer
das erinnert mich an Schach. Es geht darum, die Muster, Konfigurarationen, auf dem Spielbrett zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Ich spiele nur schwach, versuche dauernd zu finden, was ich gelernt habe. Bei den starken Spielern läuft das ohne große "Rechenzeit" im Hirn!
 
 
  allgeier | 01.12, 12:13
Konfigurationen.
Wann finden die Amis das Tippfehlergen.
  archilochos | 01.12, 23:00
Halt dich an Freud: Gedanken an Rationen und die Figura können schon zu Fehlleistungen führen, wenn das hohe Fest des Fressens naht.
Spaß beiseite, da wären die Computerspezialisten gefragt, ob kurze Zeichenfolgen von der Textverarbeitung manchmal selbsttätig verdoppelt werden.

  mistersmall | 01.12, 12:11
Epimenides
Ich warte auf den 100% verlässlichen Lügendetektor. Dann lass ich mich anschließen und sage "Die Behauptung die ich gerade mache, ist falsch." Mal sehen, ob er das packt...
 
 
  allgeier | 01.12, 12:14
!
  archilochos | 01.12, 22:35
missbrauche den Epimenides nicht !
Es kommt auf den Inhalt der Behauptung an.
http://www.ph-karlsruhe.de/~ziegenbalg/materialien-homepage-jzbg/Texte/Kreter.htm
http://www.uni-flensburg.de/mathe/dzettel/0054/dz_0054.html
  my3cents | 01.12, 11:18
Ganz so einfach ...
... ist die Sachlage nicht. Erstens ist der Unterschied zwischen "Lüge" und "Wahrheit" oftmals ein sehr diffuser, zweitens gibt es nicht nur "die eine Wahrheit" sondern verschiedene Aspekte (welcher ist der relevanteste?), drittens ist uns selbst nur ein Bruchteil unserer Gehirnaktivitaet bewusst - das dürfte durchaus auch auf den Unterschied zwischen "Wahrheit" und "Lüge" zutreffen. Wo sollte dann die Definition von "bewusster Lüge" ansetzen, wenn man mal an Strafbestimmungen denkt. Der "Gehirn-Scan" dürfte zwar in Zukunft vieles erleichtern, aber auch viele weitere Fragen aufwerfen.
 
 
  hal8999 | 02.12, 09:08
vieles erleichtern?
So zutreffend Deine vorangegangenen Überlegungen sind, verstehe ich Deinen Schluss nicht.
Alles wozu diese neue Technik taugt ist die Feststellung: das Hirn des Prüflings hat bewusst ODER unbewusst Gefahren erkannt und versucht unbedachte Äußerungen zu vermeiden.

Hilfreich kann die Methode sein, wenn man den Prüfling ganz sachlich fragt, wie er sich diese Erregung erklärt. Wenn er antwortet, er glaube die Brisanz der Frage erkannt zu haben, könne aber mangels Beweis nicht weiterhelfen, dann ist er zunächst aus dem Schneider.
Erst der Nachweis, er müsse dieses oder jenes wissen, könnte ihn wieder in Zugzwang bringen.
Der alte Columbo-Trick, das Opfer erst in Sicherheit zu wiegen und die eigentliche Fangfrage erst im Gehen zu stellen, der sollte mit der Methode untersucht werden. So wie mancher heiße Motor paradoxerweise schlechter startet als im Kaltzustand, so bringt der Lügner sein Hirn bei der Columbo-Frage vielleicht nicht schnell genug wieder auf "Touren".
  inkorrekt | 30.11, 22:17
Nach neusten Erkenntnissen
soll es in der Tat möglich sein, die Gehirnaktivität gezielt zu steuern, genau wie diese Wissenschafter es nicht ganz auszuschliessen vermochten. Der entsprechende Vorgang wird angeblich als "Denken" bezeichnet.
 
 
  starburst1 | 30.11, 23:26
!
  sensortimecom | 30.11, 20:04
Ei welch großartige Innovationen dieser Lügendetektor eröffnet...
Gibts die "funktionelle Magnetresonanz-Tomografie" mal in Nanotechnik auf Chip, hat sich`s ausgelogen. Der Chip kann zusammen mit RFID, TCPA, GPS und UMTS (ebenfalls als Chip, mit invasiver Stromversorgung) im Körper implantiert werden. Freiwillig, natürlich (wer`s nicht tut, hat eben kleine Nachteile in Kauf zu nehmen. Nicht nur, dass er nirgends mehr Arbeit bekommt; nein: der lebt als Unperson auf einem fremden Planeten). Am besten implementiere man in der Stirn, damit sich Offenbarung, Kap. 13, Vers 16 u. 17 erfüllt.

Über die herrlichen Möglichkeiten, die sich zur totalen Überwachung dann ergeben, lese man einiges aus Heise-online, z.B.:
"Implantierbare RFID-Chips breiten sich aus", siehe:

www.heise.de/newsticker/meldung/53789

www.heise.de/newsticker/foren/go.shtml?read=1&msg_id=6960312&forum_id=69711

Eines steht fest: George Orwell war ein armseliger Stümper;-(

E. B.
 
 
  radiodoc | 30.11, 20:36
naja, dzt. wiegt ein MRT Gerät
etwa 40 bis 50 Tonnen. (Niederfeldgeräte mit Permanentmagnet wären leichter, aber fürs fMRI nicht geeignet.) Schwerer chip!
  radiodoc | 30.11, 20:45
auweh, eine Null zu viel..
ich meinte 4 bis 5 Tonnen.
  sensortimecom | 30.11, 22:01
@radiodoc
Ein Computer wog vor 50 Jahren auch noch 4 - 5 Tonnen.
Ich hab von NANOTECHNIK und ihren Möglichkeiten gesprochen. Und was jetzt nicht geht, kann in 10 Jahren Stand der Technik sein.
Außerdem, wer sagt denn, dass man nicht binnen kurzem eine wesentlich einfachere Methode kennt, um Durchblutungsbilder im Gehirn detektieren zu können....

E. B.
  eliaderendzeit | 01.12, 23:26
George Orwell war kein Stümper ;-)
Er war halt technisch zu wenig SciFi.

Das mit dem Chip wird kommen (so oder so) aber das ist NICHT das Malzeichen.
Die Juden verstanden 5Mo6 und dergl. auch falsch und banden sich Gebetskapseln an Arm und Stirn... (Beachte auch den Unterschied zwischen "Stirn UND (linker) Hand" und "Stirn ODER rechte Hand" = Gesinnung, Herzhand, Tathand)
Wenn das Malzeichen materiell wäre, so wäre das abgekupferte Vorbild (das Siegel Gottes) wohl auch materiell.

maranatha!
  radiodoc | 30.11, 20:03
fMRT..
heutzutage die neurophysiologische Spielwiese, wesentlich billiger als PET, und viel leichter zugänglich.Wer genauer wissen will, wie das funktioniert:
http://www.fmrib.ox.ac.uk/fmri_intro/

Was den "Superlügendetektor" betrifft: da brauchts wesentlich mehr Daten, um die Verlässlichkeit zu beurteilen. Man muss sich klar sein, dass die fMRI Ergebnisse auf winzigen Unterschieden beruhen, die der Computer auswertet - ist natürlich fehleranfällig.
 
 
  mogwai | 30.11, 18:55
länger ?
Also irgendwas ist an diesem Artikel ein hahnebüchener Blödsinn - ich vermute, dass es an der Darstellung der Versuchsanordnung vom Autor liegt.
Denn man mag es drehen und wenden wie man will:
Sollten die Probanden dazu angehalten worden sein nicht nur auf die Bildvorgabe richtig zu reagieren sonderen deren Abfolge zu merken, dann kostet das Enkodieren mehr Zeit.
Solletn die Probanden anhand einer auswendiggelernten Abfolge auf die Lichtzeichen reagieren, dann ist der erhöhte Zeitaufwand aufgrund des internen Abgleichens erklärbar. Also nichts wegen "verspannt sein" oder dgl. - zumindest nicht in diesem Zusammenhang (mag ja wirklich der Fall sein).

 
 
  silverbluedawn | 30.11, 18:08

ich frage mich, ob es wirklich ethisch vertretbar wäre, einen lügendetektor zu schaffen, der zu 100% korrekt funktioniert. oder wäre das trotzdem kein einschnitt in die freiheit des menschlichen geistes?
 
 
  joeduck | 30.11, 18:24
Naja ...
Es hat sicherlich seine Vor und Nachteile.
Um ein paar Kriegsverbrecher zu entlarven wär das sicherlich nett. Wegen "Kleinigkeiten" wie geht mein(e) Mann/Frau fremd - wohl etwas unangebracht ...

Allerdings wird das für den "Heimgebrauch" wohl noch einige Jährchen dauern *gg*
Schliesslich ist so ein Magnetresonanztomograph nicht ganz klein, leicht und billig *LOL*
 
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