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ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Maxwellscher Dämon als Molekülmodell  
  Der Physiker James Clerk Maxwell entwickelte im 19. Jahrhundert ein berühmtes Gedankenexperiment, in dem ein mikroskopisch kleines Wesen die Gesetze der Wärmelehre umgeht. Dieses Wesen ist heute als Maxwellscher Dämon bekannt. Schottische Chemiker haben den Dämon nun gewissermaßen zum Leben erweckt.  
David A. Leigh von der University of Edinburgh stellte ein Molekülmodell her, das offensichtlich von Maxwells Fantasiegestalt inspiriert wurde. Physikalische Gesetze vermag es allerdings keine zu brechen.
...
"A molecular information ratchet" von Viviana Serreli et al. ist in "Nature" (Bd. 445, S. 523; doi:10.1038/nature05452) erschienen.
->   Abstract
...
Es geht bergab
Angenommen, Sie öffnen einen mit Parfum gefüllten Flakon und lassen ihn einige Tage stehen. Dann passiert folgendes: Das Parfum verdampft und die Duftmoleküle verteilen sich zufällig im Raum.

Sie sind mal da, mal dort, einige wenige werden vielleicht auch wieder den Weg zurück in den Flakon finden. Im Prinzip wäre es sogar möglich, dass sämtliche Moleküle zurück in das Parfumfläschchen wandern. Aber in der Realität wird das, wie jeder aus eigener Erfahrung weiß, niemals passieren.

Dahinter steht ein physikalisches Prinzip: Jedes abgeschlossene System trägt eine Neigung in sich, das es von einem geordneten Zustand in Richtung Unordnung treibt. Wenn man sich Ordnung als Berggipfel vorstellt und Unordnung als Tal, dann geht es in der unbelebten Natur immer abwärts. Bergaufläufe sind zwar nicht prinzipiell verboten, aber sie kosten Energie. Das ist im Leben genau so wie in der Physik.
Wärmelehre - von oben und unten
Diesen Sachverhalt kann man im Wesentlichen auf zwei Ebenen beschreiben. Die klassische Thermodynamik hatte noch mit den Eigenschaften und Größenverhältnissen unserer Lebenswelt zu tun. Sie zeigte beispielsweise, dass man kein Schiff bauen kann, das dem Meer Wärme entzieht und mit dieser Energie seinen Motor antreibt - das ist der berühmte zweite Hauptsatz der Thermodynamik.

Interessanter wird die Angelegenheit allerdings, wenn man sie quasi von unten, d.h. aus der Perspektive der beteiligten Teilchen betrachtet. Der österreichische Physiker Ludwig Boltzmann zeigte später, dass man die Zunahme von Unordnung, die dem Zeitpfeil ganz offensichtlich eine Richtung gibt, von Vorgängen ableiten kann, die für sich genommen durchaus umkehrbar sind.

Bezogen auf das Beispiel mit dem Parfum bedeutet das: Jedes Teilchen kann sich frei bewegen, im Prinzip auch genau dorthin, woher es kam, also zurück in die Flasche. Duftmoleküle, die sich spontan in einem Flakon zusammenfinden, sind zwar demzufolge keineswegs verboten, aber de facto unmöglich.

Und zwar deshalb, weil dieser Zustand extrem unwahrscheinlich ist. So unwahrscheinlich, dass selbst die gesamte Lebensdauer des Universums nicht ausreichen würde, um diesen Zustand nur einmal eintreten zu lassen.
Maxwells Dämon
Der Schotte James Clerk Maxwell gehörte ebenfalls zur Gruppe jener Physiker, die die Thermodynamik aus Sicht der Mikrowelt betrachteten. Maxwell entwickelte im Jahr 1867 ein Gedankenexperiment, das zeigte, dass man den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auch statistisch deuten könnte, was er und Boltzmann später auch taten.

Maxwell stellte sich folgende Situation vor: Zwei mit Luft gefüllte Kammern sind durch ein winzig kleines Tor miteinander verbunden, das groß genug ist, um genau ein Luftmolekül durchzulassen. Beide Kammern sind genau gleich warm, d.h. sie befinden sich im thermischen Gleichgewicht.

Maxwell fragte sich nun: Kann man das System aus diesem Gleichgewicht bringen, ohne Energie aufzuwenden? Der zweite Hauptsatz verbietet das, doch Maxwell ersann ein "Wesen", später von Lord Kelvin "maxwellscher Dämon" genannt, das eine ziemlich praktische Begabung hat:

Es erkennt durch reines Hinsehen, ob ein zufällig vorbei kommendes Teilchen schnell oder langsam ist, und öffnet die Tür genau so, dass sich in der einen Kammer die schnellen und in der anderen die langsamen Teilchen sammeln. Das heißt, dass nun zwischen beiden Kammern ein Temperaturunterschied besteht, den man wiederum für die Verrichtung von Arbeit ausnützen könnte.
Ein Molekülmodell
Bild: Regina Fernandes
Eine moderne Version von Maxwells Dämon.
Tatsächlich ist das natürlich nicht möglich. Unter anderem deswegen, weil die Information über das Tempo von Teilchen eben nicht "gratis" zu bekommen ist. Aber dennoch wäre es reizvoll, das Maxwellsche Gedankenexperiment so weit in die wirkliche Welt zu übersetzen, wie es eben möglich ist. Und sei es nur um nachzuweisen, dass die Gesetze der Thermodynamik nicht überwunden werden können.

Diesen Gedanken dürfte auch David A. Leigh von der University of Edinburgh gehabt haben: Er baute mit seinen Mitarbeitern tatsächlich ein Molekülmodell des Maxwellschen Dämons. Es besteht im Wesentlichen aus einem lang gestreckten und einem ringförmigen Molekül, die so positioniert sind, wie etwa ein Ring, durch den ein Bleistift gesteckt wurde.

Das ringförmige Molekül ist im Normalfall frei beweglich, das heißt, es kann sich entweder auf der linken oder auf der rechte Hälfte des molekularen Bleistifts aufhalten. Welche der beiden Möglichkeiten eintritt, ist zunächst rein zufällig - der Molekülring wird von der Brownschen Molekularbewegung mal in die eine, mal in die andere Richtung geschoben.
Entfernung vom Gleichgewicht
Nennt man jene Anordnung, bei der sich der Ring auf der rechten Seiten aufhält, Zustand A, und den anderen Zustand B, dann sollten A und B genau gleich häufig auftreten. Das schreibt die Thermodynamik vor.

Leigh und seine Mitarbeiter statteten den molekularen Bleistift allerdings mit einer Art lichtempfindlichem Sensor aus, der das Molekül in einen anderen räumlichen Zustand übergehen lässt.

Dieser bewirkt, dass sich der Ring nicht mehr bewegen kann und in seiner Position quasi eingefroren wird. Der Clou an der Sache ist, dass die Konformationsänderung des Bleistifts nur dann passiert, wenn sich der Ring in Position A befindet. Mit Hilfe von Lichtsignalen gelang es den schottischen Forschern, die zunächst ausgeglichene Mischung von A- und B-Zuständen innerhalb von wenigen Minuten bis zu einem Verhältnis von 70:30 zu treiben.

Gleichwohl ist damit nicht der zweite Hauptsatz verletzt, denn dem System wurde ja Energie von außen zugeführt, und zwar in Form von Licht.
Nachhilfe bei lebenden Zellen
Interessant daran ist eher folgendes: Lebewesen bedienen sich nämlich eines ähnlichen Wirkungsprinzips. Beispielsweise sammeln unsere Körperzellen gewisse Ionen in ihrem Inneren und pumpen andere nach aktiv außen, weswegen zwischen Innen- und Außenseite der Zellmembran eine Spannung herrscht.

Das kostet Energie, die von außen zugeführt werden muss. In Form von Sonnenlicht, durch energiereiche Moleküle oder was auch immer. Nervenzellen nutzen etwa diese Spannung, um elektrische Signale weiterzugeben, aber das ist nur ein Spezialfall. Im Prinzip ist jede Zelle von solchen Sortierungsprozessen abhängig - Zellen die sich mit ihrer Umgebung im thermodynamischen Gleichgewicht befinden, sind nämlich tot.

Dementsprechend möchte nun auch Leigh sein System an Membranen koppeln, um durch sie Ionen zu transportieren. Molekularbionik quasi: "Die Natur verwendet Molekülbewegungen für alles", sagt Leigh. "Der Mensch verwendet sie hingegen für gar nichts." Zumindest bis jetzt.

[science.ORF.at, 2.2.07]
->   David A. Leigh - University of Edinburgh
->   Maxwellscher Dämon - Wikipedia
->   Thermodynamik - Wikipedia
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Physikunterricht mit Hilfe von Hollywood (4.12.06)
->   Casimir-Effekt: Ein Mythos auf Schiffsreise (8.5.06)
->   An den Grenzen der Thermodynamik (23.7.02)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Technologie 
 
  tricipitinus | 06.02, 11:09
Leben?
"Und zwar deshalb, weil dieser Zustand extrem unwahrscheinlich ist. So unwahrscheinlich, dass selbst die gesamte Lebensdauer des Universums nicht ausreichen würde, um diesen Zustand nur einmal eintreten zu lassen."

aha, und genau das wird aber in der Evolutionstheorie der zufälligen Entstehung des Lebens dutzende male angenommen...
 
 
  rollingmill | 06.02, 15:53
So ein Käse...

dir ist der Unterschied zwischen Zufall und zwingenden Prozessen anscheinend nicht geläufig.
  erdenbürger | 05.02, 22:01
Ich kenne ein besseres Gedankenexperiment!
www.encod.at
 
 
  karl273 | 04.02, 09:03
Szilard-Maschinen

Szilard-Maschinen sind sehr kleine Zylinder mit molekül-dicht passendem Kolben, die nur ein einziges Gasmolkül enthalten, das aber (wie sonst auch) mit mehreren hundert Metern pro Sekunde hin- und herflitzt, und dadurch auf alle für das Molekül erreichbaren Wände Impuls überträgt.

Leo Szilard selbst benötigte zur Umsteuerung dieses Ein-Molekül-Gases noch Ventile, aber ich habe das Zweitakt-Prinzip bei den Szilard-Maschinen eingeführt.

Bild, Ventil-lose Szilard-Maschinen:
http://members.chello.at/karl.bednarik/SZILARD1.jpg

Bild, Szilard-Maschine Arbeitszyklus:
http://members.chello.at/karl.bednarik/SZIMOT-1.jpg

(gelb = Ein-Molekül-Gas, weiß = leerer Raum.)

Wer kann erraten, warum diese Maschinen dennoch nicht funktionieren können?

Der Gewinner erhält eine kostenlose Graf-Hombug-Geschichte, und natürlich alle anderen auch (denn die sind immer kostenlos).

 
 
  aasgeier | 04.02, 10:16
Wie wär's damit ;-)
Der Arbeits-Zyklus der Szilard-Maschine hat in Wirklichkeit keinen gerichteten Umlauf-Sinn.
Auf Grund der Energie-Gleich-Verteilung hat auch der schwerere Kolben eine mittlere Molekulargeschwindigkeit.
Das bedeutet, daß sich ein kleines Molekül und ein großes Molekül, eben der Kolben, um den Raum im Zylinder streiten.
Jedes Molekül, ganz gleich ob groß oder klein, beansprucht in Gasform im Mittel einen gleich großen Raum.
In einer an beiden Enden verschlossenen Kohlenstoff-Nanoröhre mit einem gut passenden C60-Molekül als Kolben, und einem Heliumatom als "Arbeitsgas" wird das Heliumatom im Mittel z.B. die linke Hälfte beanspruchen, und das C60-Molekül daher die rechte Hälfte.
Das Heliumatom wird sehr oft und sehr schwach an den Kolben stoßen, und der Kolben wird sehr selten, aber sehr kräftig zurückstoßen, so daß im Mittel keine gerichtete Bewegung des Kolbens auftritt.

Du hast das Zweitakt-Prinzip deshalb verwendet, weil im Spektrum-Artikel eine unnötig komplizierte Szilard-Maschine mit Ventilen nach dem Viertakt-Prinzip beschrieben wurde, die aber auch nicht funktionieren kann.
Auf diese Weise ist es Dir gelungen, mit wesentlich geringerem Aufwand ebenfalls zu scheitern.
  karl273 | 04.02, 11:00
Ja

Ja, richtig, gewonnen !

  karl273 | 04.02, 11:09
Hier

Hier, am unteren Ende der Seite, sind die Graf-Hombug-Geschichten:

http://members.chello.at/karl.bednarik/

  letzteworte | 04.02, 14:17
Rumpelstilzchen hat's schwer im Google-Zeitalter...
...gell, aasi?
Warum niemand dran zweifelt, dass die allgeierova eine Frau ist, das wäre mal eine Frage, an der Google scheitern könnte!
  karl273 | 05.02, 06:40
Animation

Noch eine hübsche Animation, die aber etwas am Thema vorbei geht.

Falls sich die folgende Animation nicht bewegen sollte, dann liegt es an den Einstellungen der persönlichen Firewall.

http://members.chello.at/karl.bednarik/GRABUCK3.gif

Bauteile:
Kohlenstoff-Nanoröhrchen,
Buckminster-Fullerene,
positive und negative Ionen.

  gehirnaustritt | 03.02, 20:20
Der Maxwellsche Dämon... erkennt durch reines Hinsehen (nennen wir ihn "Beobachter") ob ein zufällig vorbei kommendes Teilchen schnell oder langsam ist..
Okay. Aber eines ist nicht klar:
Muss man wirklich Energie von AUSSEN zuführen, damit er Zeiten messen kann?
Und warum muss der unbedingt an seinem externen Platz sein. Könnte er nicht auf jedem Molekül befindlich sein? Was dann?
 
 
  tauceti | 04.02, 02:06
Es ist ein Gedankenexperiment. Aber wie auch immer man das zu realisieren versucht - du hast's schon angedeutet - alleine schon die Funktion des "Torwächters" mit dem Messen von "Potentialunterschieden" irgendwelcher Art benötigt Energie.

Diese Energie kann unser "kleiner Helfer" natürlich von überall her beziehen - vorausgesetzt er kann damit umgehen...

Es ist jedenfalls kein Perpetuum Mobile ;-)
  karl273 | 04.02, 08:36
Landauer-Prinzip

Das Landauer-Prinzip besagt, daß das Löschen eines Bits an Information zwangsläufig die Abgabe einer Energie W von
W = k T ln(2)
in Form von Wärme an die Umgebung bedeutet. T ist dabei die absolute Temperatur der Umgebung, k die Boltzmann-Konstante. Das 1961 von Rolf Landauer formulierte Prinzip verknüpft somit Informationstheorie einerseits mit Thermodynamik und statistischer Physik andererseits.

Von Charles Bennett vorgeschlagen wurde die Interpretation des Maxwellschen Dämons mit dem Landauer-Prinzip. Aus der oben angegebenen Formel für den Energieverlust folgt unmittelbar für die beim Löschen eines Bits abgegebene Entropie S:
S = k ln(2)

  freiwelt | 03.02, 14:44

offen gestanden, ein bisschen steh ich auf der seife hier. auf der einen seite wird ja auch am schluss gesagt, dass die molekularbastelei, die hier beschrieben wird, eigentlich nichts neues ist.

im gegenteil. tatsächlich macht das enzymatische system eines jeden organismus nichts anderes als gewissermassen komplexität in den organismus zu pumpen bzw dafür zu sorgen, dass er wärme abgeben kann bzw er eben nicht - sofort - den thermodynamischen wärmetod stirbt (irgendwann tut ers eh, aber vorher kann er sich noch fortpflanzen)

also nichts neues hier, ausser dass jetzt menschliche molekülbastler einen künstlichen, durch lichtenergie anregbaren enzymkomplex (vgl chlorophyll) geschaffen haben - von dem sie nicht wirklich wissen, was sich damit anfangen lässt.
 
 
  tauceti | 03.02, 17:16
hast du mein Posting gelesen?
  freiwelt | 03.02, 17:48
nein, aber ev. könnte man ja auch die photosynthese als batterie bezeichnen. Sonnenlicht + Kohlendioxid + Wasser ergibt Traubenzucker + Sauerstoff: 6 CO2 + 6 H2O ? C6H12O6 + 6 O2
  tauceti | 04.02, 02:10
ja, darüber habe ich auch nachgedacht. Der erste Schritt ist mal, dass man Ionen trennt und damit elektrische Ladung erzeugt. Das ist einfach anzuwenden.

Natürlich kann man sich dann die Pflanzen weiter zum Vorbild nehmen und die Energie nicht "elektrisch", sondern "chemisch" speichern (getrennte Ionen ist ja auch eine art chemische Speicherung der Energie, deswegen die Anführungszeichen).

Aber möglicherweise macht es Sinn, die Energie langfristiger in anderen chemischen Verbindungen zu speichern und bei Energiebedarf damit zu arbeiten. Es fragt sich nur, wie effizient diese Methoden im Vergleich sind - ich weiß darüber zu wenig...
  burnside | 04.02, 11:56
@tauceti
Gibt es schon lange, nennt sich Batterie (bzw. Volta'sche Zelle).
  tauceti | 05.02, 01:38
... und die lädt sich auf, wenn ich sie einfach so lose in die Sonne lege?

;-))
  tauceti | 05.02, 01:41
Exakt das ist ja der Clou.

(die Antworten in diesem Thread bauen ja auf meinem darunterliegenden Posting und natürlich auf dem Artikel auf - und gehen noch ein paar Schritte weiter.
Möglicherweise ist dir das entgangen - das ist kein Vorwurf)
  tauceti | 03.02, 14:31
Batterie mit direkter Solar-Ladung?
Idee?

Der Bericht klingt fast so als ob man damit eine Batterie realisieren könnte, die über Solarenergie direkt aufgeladen werden kann. Dh. dass man mit Solarenergie die Moleküle entsprechend trennt, sodass man damit später elektrische Leistung entnehmen kann.

Aber ich habe mich jetzt nicht im Detail damit beschäftigt - gut möglich, dass etwas prinzipielles dagegen spricht - das ist nur eine spontane Idee.
 
 
  tauceti | 03.02, 14:33
Ach ja, jetzt habe ich den Artikel nochmal überflogen:

"Dementsprechend möchte nun auch Leigh sein System an Membranen koppeln, um durch sie Ionen zu transportieren."

Er dürfte tatsächlich an eine Art Solar-Batterie denken, also eine Batterie, die man in die Sonne legt, um sie zu laden...
  tauceti | 03.02, 14:37
Achtung - Begriffs-Abgrenzung: Was jetzt üblicherweise als "Solarbatterie" bezeichnet wird ist nichts anderes als eine ganz normale Bleibatterie o.ä., die "zufälligerweise" den Strom aus Sonnenkollektoren speichert.
  benaja | 03.02, 13:46
Es fehlt die Schlussfolgerung hinsichtlich der Entstehung des Lebens und der komplexen Ordnung
Diese lange bekannten, einfach zu begreifenden Fakten der Thermodynamik werden paradoxerweise gerade auf die Theorie der Spontanzunahme an komplexen biochemischen und biologischen Ordnungsstrukturen NICHT angewandt. Da wird argumentiert, dass die Erde "kein geschlossenes System" ist, oder dass - wie auch oben erwähnt - Ordnung theoretisch unter gleichzeitigem Anstieg der Umgebungsunordnung doch spontan entstehen könne.
Beides sind Scheineinwände und entbehren - genauer betrachtet - einer realen Grundlage. Der Erde nützt ihre rein physikalische Offenheit nichts für eine biologische Evolution, da schon allein zum Zeitpunkt des postulierten ungeordneten Anfangszustands eine nachhaltige Abnahme an Entropie nicht einfach durch den Einfall von Licht- und Wärmeenergie erfolgen kann, sondern weil dazu gerichtete Arbeitsenergie nötig ist. Sonnenenergie bzw. Strahlung aller Art braucht einen Arbeits- oder Stoffwechselmotor zur nachhaltigen Senkung von Entropie bzw. Zunahme von Ordnung, etwa Chlorophyll und das hochkomplexe System der Assimilation, um überhaupt erst einmal nur einfache Kohlenhydrate herzustellen, ohne die es kein Leben geben kann.
 
 
  benaja | 03.02, 13:48
Voraussetzungen
Es muss diese Stoffwechselsysteme und -"motoren" also schon vorab gegeben haben, sonst ist eine nachhaltige Entropiesenkung und dauerhaft aufbauend wirkende und überlebensfähige Mutationskaskade bzw. "Höherentwicklung" unmöglich. Daher muss die physikalische "Offenheit" des Systems Erde in den chaotischen Anfangsphasen, um die entropische Neigung zu überwinden, bedeuten, dass "von außen" ein Input von INFORMATION erfolgt ist (wie und woher ist eine naturphilosophische oder religiöse Frage und entzieht sich daher grundsätzlich der naturwissenschaftlichen Erörterung, aber zur Klarstellung: Ich vertrete nicht den vitalistischen Standpunkt). Und es muss zwischen einströmender Strahlungsenergie (z.B. Licht und Wärme) und der naturgesetzlich zur Unordnung neigenden Materie ein fertig funktionierendes Stoffwechselsystem bzw. den Zufall gezielt ausschaltendes Auswahlsystem (Beispiele siehe oben: die Notwendigkeit des Vorhandenseins von "Sortierungsprozessen", "Sensoren" und der "Ionenpumpe" der Zellen) zwischengeschaltet gewesen sein, etwa zur Auswahl allein linksdrehender Aminosäuren als proteinogene Grundbausteine, während sich bekanntlich ohne vorherige gezielte Sortierung nur nutzlose Razemate bilden (Urey/Miller).
  benaja | 03.02, 13:52
Experimentelle Bestätigung
Dieses Faktum bestätigen auch die Forscher selbst in diesem Artikel experimentell, indem sie "den molekularen Bleistift mit einer Art lichtempfindlichen Sensor ausstatteten".
Allein schon dieses eine Faktum (neben unzähligen weiteren) falsifiziert die Theorie der spontanen Aszendenz der unbelebten Materie von der Ungeordnetheit zur Ordnung und zur informationsgeladenen Hochkomplexität. Allerdings liegt hier nicht nur eine naturwissenschaftliche Theorie vor, sondern gleichzeitig eine Weltanschauung, eine naturalistische Ideologie, und als solche ist sie "nicht falsifizierbar", d.h. keine auch noch so viele schlagenden Gegenbeweise können ihr in den Augen ihrer Anhänger jemals Abbruch tun. Gemäß Karl Popper ist sie somit definitionsgemäß unter die "pseudowissenschaftlichen Theorien" einzuordnen, auch wenn zwecks Stützung immer weitere Spekulationen und Hilfshypothesen bemüht werden, die sich nach einiger Zeit wiederum als nicht verifizierbar herausstellen und infolgedessen in der Versenkung naturwissenschaftlicher Mythen verschwinden. Da nützt auch die Ausflucht auf "lange Zeiträume" nichts, um eine Plausibilität durch scheinbare Erhöhung der Wahrscheinlichkeit zu suggerieren. Wenn schon eine bestimmte Anordnung von Duftmolekülen so "unwahrscheinlich ist , dass selbst die gesamte Lebensdauer des Universums nicht ausreichen würde, um diesen Zustand nur einmal eintreten zu lassen" [Zitat siehe Artikel], um wieviel weniger würden Myriaden von "Lebensdauern des Universums" reichen, um auch nur ein einziges Mal eine funktionsfähige Zellmembran entstehen zu lassen, geschweige denn eine replikationsfähige Zelle.
  allgeier | 03.02, 19:17
ich bin nicht
selbst die schöne Helene von Wilhelm Busch (- die wollt´ es nun / auch ganz gewiss nicht wieder tun ;-)) ich bin die, welche sich eigentlich vorgenommen hatte, nicht wieder auf benaja zu reagieren: Talkshow abgesetzt!
Doch hier bin ich f-a-s-z-i-n-i-e-r-t. Er hat sich während seines langen Schweigens eine weitere Bibliothek an Wörtern und Phrasen angelesen, er hat sich hier selbst übertroffen. Was das Zeit gekostet haben muss! toll
:-D
  thetin | 03.02, 22:39
>benaja
Wenn man von Entropie schreibt sollte man genau darüber Bescheid wissen! Dass ist bei Dir aber nicht der Fall. Daher stehen Deine Schlussfolgerungen auch auf keiner festen Basis.
  karl273 | 04.02, 07:04
Ordnung

Um das Grundmodell einer funktionsfähigen Zellmembran zu erhalten, muß man nur ein wenig Seife (Tenside, Detergentien) in Wasser auflösen.

Weil die Moleküle der Seife aus wasserliebenden (hydrophilen) und wasserabstoßenden (hydrophoben) Teilen bestehen, bilden sie zuerst eine einlagige Molekül-Bürste (Langmuir-Blodget(t)-Film) auf der Wasseroberfläche.

Wenn die Oberfläche voll ist, dann bilden sie wassergefüllte, doppelwandige Hohlkugeln (Micellen, Liposomen) mit einer wasserabstoßenden Doppelschicht (Lipid-Doppel-Membran) innerhalb deren Wandung, die fast kein Wasser mehr hinein oder hinaus lässt.

Falls gelöste Stoffe im Inneren einen höheren osmotischen Druck als außen aufbauen, dann sind diese Micellen kugelförmig.

Falls aber im Inneren ein geringerer osmotischer Druck als außen herrschen sollte, dann werden sie Ziehharmonika-förmig zusammen gefaltet, so wie das endoplasmatische Retikulum.

*****

Wenn eine Salzlösung kristallisiert, dann ordnen sich ihre Atome oder Moleküle nach ihren Koordinations- oder Bindungswinkeln an.

Das sieht zwar wie eine Zunahme der Ordnung aus, aber dafür verteilt sich entweder die Wärmeenergie oder verteilen sich die Moleküle des Lösungsmittels im Raum, was die Gesamt-Entropie erhöht.

  allgeier | 06.02, 10:54
@thetin
Man muss Verstehen verstehen, um überhaupt nicht verstehen zu können. Für mich sieht es so aus, als ob die benajas in einem Zerrspiegelkabinett leben, aus dem sie nicht ´rausschauen können, das man von außerhalb aber erkennt. Für sie, innerhalb, ist alles folgerichtig.
(Dass ich selbst ebenfalls nicht aus meiner Welt ´rausschauen kann, halte ich für gegeben. Das sind erkenntnistheoretische Feinheiten, auf die mich z. B. das bisschen Quantenphysik, das Laien erreicht, gebracht hat.)
  ohnegödkamusi | 03.02, 10:37
@ selten - extrem selten/unwahrscheinlich - nie/wahrscheinlichkeit 0
nachdem der gesamte artikel in einem *unwahrscheinlich* saloppen stil verfasst ist, beinhaltet er nun eben auch die genauigkeit betreffs "selten - extrem unwahrscheinlich - nie", was leider wieder einmal beweist, dass der orf *selten* mehr an sein früheres qualitätsniveau herankommt, hoffentlich nicht *nie* mehr!!!
 
 
  downbylaw | 03.02, 11:33
Bleib ganz ruhig Herr Professor.

Und laß Gnade walten, wenn nicht jeder so gescheit ist wie Du, ja?

Warst sicher ein Star im Schachklub.
  ohnegödkamusi | 03.02, 22:19
ach nein, bin kein professor, aber bin der meinung, wenn man schon behauptet, eine *wissenschafts*redaktion zu sein, sollte doch ein gewisses niveau nicht unterschritten werden ;-)
  karl273 | 03.02, 01:54
Brownsche Molekularbewegung

Man kann kein Schiff bauen, das dem Meer Wärme entzieht, und sich dann mit dieser Energie fortbewegt.

Die Zunahme der Unordnung gibt dem Zeitpfeil seine Richtung vor.

Bei der Brownschen Molekularbewegung verhalten sich aber zum Beispiel die Rauchpartikel oder Pflanzensporen (von denen jede im Prinzip ein komplettes Lebewesen ist) genau wie die oben genannten Schiffe, weil sie ohne jede Verdunstung und/oder Temperaturänderung nach und nach an beliebig vielen Orten der Flüssigkeit vorbei kommen können.

Bei der Brownschen Molekularbewegung nimmt die Unordnung nicht zu, aber die Zeit läuft dennoch in die gleiche Richtung weiter ab.

Normalerweise gilt eine Theorie als widerlegt, wenn sie ein einziges Mal nicht zutrifft.

 
 
  flohack | 03.02, 02:32
Die Theorie ist nicht widerlegt,
da Deine Brownsche Bewegung ja durch von außen eingeführte Energie aufrecht erhalten wird, wäre das nicht so, würden die Moleküle/Atome/Sporen immer weiter abkühlen, solang bis sie am absoluten Nullpunkt angekommen wären.... oder zeig mir ein absolut abgeschlossenes System auf diesem Planeten...?
Wegen dem Schiff: Was spricht gegen eine Wärmepumpe am Schiff, damit kann man Häuser heizen, warum also nicht auch schiffe fahren lassen? :D - Energie kommt ja ständig (Sonne) nach!
F.L.

  karl273 | 03.02, 03:24
Keine Energie von außen

Die Brownsche Molekularbewegung wird nicht durch von außen zugeführte Energie aufrecht erhalten, sondern von der bereits in der Flüssigkeit vorhandenen Wärmeenergie, die dabei aber nie verbraucht wird.

Wenn ein Rauchpartikel beschleunigt wird, dann verliert das Wasser hinter ihm etwas Wärmeenergie, und wenn das Rauchpartikel abgebremst wird, dann gibt es diese Wärmeenergie wieder an das Wasser zurück.

Die Brownsche Molekularbewegung funktioniert auch in einer ideal isolierenden und dunklen Thermosflasche mit voller Wasserdampfsättigung.

  burnside | 03.02, 08:07
So ein Unsinn. Die Brownsche Bewegung ist dissipativ, nicht konservativ! Sie verbraucht Energie!
  hosenbeisser | 03.02, 10:26
@karl273
Wenn ich Dir einen Buchtipp geben darf:

Lies mal in einer ruhigen Stunde "Maxwell¿s Demon 2: Entropy, Classical and Quantum Information, Computing". ISBN 0-75030759-5

Das ist locker leicht geschrieben und stellt den Sachverhalt ganz gut dar. Auch was denn dieser oft nicht verstande Ding namens Entropie ist.

Und das mit der Theorie widerlegt und so vergiss am besten wieder. Da hast in Deinen Überlegungen einen Murks hoch drei drinnen.
  karl273 | 03.02, 10:35
Nein

Die Brownsche Bewegung ist nur dissipativ, während die Rauchpartikel verzögert werden.

Während die Rauchpartikel beschleunigt werden, bewirkt eine zufällige, lokale Zunahme der Ornung eine Energie-Übertragung vom Wasser auf die Rauchpartikel.

Insgesamt wird keine Energie verbraucht oder gar erzeugt, und die Entropie bleibt gleich.

  karl273 | 03.02, 10:40
upps
lokale Zunahme der Ordnung
  karl273 | 04.02, 09:38
Als Moleküle betrachtet

Wenn man die Rauchpartikel als Moleküle betrachtet, die etwa 1 Mikrometer (10000 Angström) Durchmesser haben, dann haben sie ein Molekulargewicht von etwa 10 hoch 12 Dalton (ganz grob geschätzt 10000 hoch 3).

Weil Wasserstoff bei Zimmertemperatur eine mittlere Molekulargeschwindigkeit von etwa 2000 Metern pro Sekunde hat, und weil die mittlere Molekulargeschwindigkeit bei gleicher Temperatur umgekehrt proportional zur Quadratwurzel des Molekulargewichtes ist, müssen diese Rauchpartikel also 10 hoch 6 mal langsamer sein als ein Wasserstoffmolekül.

Das sind immer noch etwa 2 Millimeter pro Sekunde, also etwa 2000 Partikeldurchmesser weit pro Sekunde.

Das passiert nur deshalb nicht wirklich, weil ihnen ständig die Wassermolküle in die Quere kommen.

Im Vakuum wäre das zwar vorstellbar, aber hier werden sie vermutlich an die Wände des Behälters adsorbiert.

Vielleicht sollte man die Partikel elektrostatisch aufladen, und in eine Penning-Falle einsperren.

Die gleichnamige elektrostatische Aufladung würde auch eine Aggregation mehrerer Partikel verhindern.

Bild, Penning-Falle (für eine andere Anwendung gezeichnet):
http://members.chello.at/karl.bednarik/PENNI-1.jpg

  karl273 | 04.02, 09:57
Für Fanatiker

v in m/s = 158 * QWURZEL( 273 Kelvin / MolGew in Dalton )

  burnside | 04.02, 11:58
Ein Troll. Ach, wie schoen...
  karl273 | 04.02, 16:19
Welche Energie

Hallo burnside,
Zitat:
"Die Brownsche Bewegung ist dissipativ, nicht konservativ, sie verbraucht Energie."

Falls das zutreffen sollte, dann würde ich gerne wissen, woher diese Energie kommt.

Mit Dank im Voraus für die Antwort,
und mit freundlichen Grüßen,
Karl Bednarik.

  burnside | 02.02, 16:52

"Im Prinzip wäre es sogar möglich, dass sämtliche Moleküle zurück in das Parfumfläschchen wandern. Aber in der Realität wird das, wie jeder aus eigener Erfahrung weiÿ, niemals passieren."

Das ist falsch. Es kann tatsaechlich passieren, allerdings nur sehr selten. In einer Wissenschaftsrubrik sollte man zwischen "selten" ("mit geringer Wahrscheinlichkeit"), "mit Wahrscheinlichkeit 0" und "gar nicht" unterscheiden koennen!
 
 
  kintarooe | 02.02, 19:55
sehr richtig
  madmarty77 | 02.02, 20:42
Geh bitte
"Aber in der Realität wird das ... niemals passieren" ist hier wohl klar als umgangssprachliche Prognose gemeint und lässt sehr wohl die Möglichkeit offen, dass es theoretisch möglich ist.
  tauceti | 02.02, 20:43
möglich, dass sämtliche Umlaute verlorengingen, wodurch die Lesbarkeit enorm leidet...
  neuzeuger | 02.02, 23:36
Bitte ISO8859-1 ... einstellen die Sonderzeichen nerven!
Aber zum Thema:

<Zitat>

"Duftmoleküle, die sich spontan in einem Flakon zusammenfinden, sind zwar demzufolge keineswegs verboten, aber de facto unmöglich.

Und zwar deshalb, weil dieser Zustand extrem unwahrscheinlich ist. So unwahrscheinlich, dass selbst die gesamte Lebensdauer des Universums nicht ausreichen würde, um diesen Zustand nur einmal eintreten zu lassen."
</Zitat>

Es lohnt sich, vor dem Posten mehr als den ersten Absatz zu lesen ... (vom Verstehen habe ich noch gar nicht gesprochen!).

  burnside | 02.02, 23:37
@tauceti
Tut mir leid! Ich tippe auf einem fremdsprachigen System, das die Umlaute nicht korrekt verarbeitet. In meinen eigenen Beitraegen schreibe ich keine, aber beim Zitat vergass ich, sie umzuwandeln.
 
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